Soest, Schaumburg, Hamburg? Lieber doch Hameln – Joachim weiß genau, wohin er gehört.
Seit 1984 ist Joachim Ruppel der Mann in der Münstergemeinde, ohne den nicht viel geht. Und er ist dort der einzige seiner Art. Küster in der Hamelner Münsterkirche
St. Bonifatius und im Haus der Kirche, kann ja kein großes Ding sein. Oder doch? Kleiner Auszug aus seiner Jobbeschreibung: Vor und Nachbereitung jeder Veran staltung, auch der Gottesdienste, Licht, Heizung, Kerzen – alles an und aus und in Ordnung halten –, Altar vorbereiten, Stühle, Kollekte, Türen, Reinigung dieses Riesenge bäudes mit diversen Räumen, Winkeln, Ecken und enormer Grö ße. Künstlerbetreuung und oft auch Tontechnik bei Kulturveran staltungen. Informationen für Be sucher der Kirche gehören genauso dazu wie Strom und Wasser im Blick zu haben. Dann rüber zum Haus der Kirche in die Emmern straße. Wir haben ja nur mal ge fragt. Auf Fulltime sind wir von allein gekommen, danke.
Während der langen Pause ohne Veranstaltungen war allerdings nicht weniger zu tun. „Wir haben eben Frühjahrsputz gemacht. Alle Ecken ausräumen, Nebenräume grundreinigen, Gesangbücher re parieren, Turm reinigen. Erstaun lich, was man da alles schafft, wenn es keine Unterbrechungen gibt“, blickt Joachim Ruppel zurück. Die Menschen haben ihm jedoch sehr gefehlt.
Kann das Zufall sein?
Sein Leben beginnt in Soest, spielt sich dann bis zum Ende der Schul zeit in Schaumburg und den Schul orten Rinteln und Duderstadt ab. Seine Familie lebt mit sechs Kin dern auf einem Bauernhof. Schule fertig, Funkerausbildung bei der
Bundeswehr und anschließend Ausbildung zum Bankkaufmann in Hameln. Bis dahin ist das eben ein Lebenslauf, der vielleicht so oder so ähnlich geplant war. Dann die ser AbiBall in Hameln, auf den er seine Schwester begleiten soll. Macht er auch und trifft dort zum ersten Mal auf eine Frau, die seit dem Teil seines Lebens ist, Beate. Sie teilen seitdem vieles, auch die Hündin Hexi, die sie aus Griechen land nach Hameln gerettet haben. Die beiden Töchter möchten wir allerdings auch nicht verschweigen.
Zwischenstation Hamburg
Nach der Ausbildung ist der der Job im Bankwesen nicht seins und in Joachim reift der Wunsch, bei der Kirche zu arbeiten, womit er auch gleich anfängt, ehrenamtliche Kinderarbeit vor den Toren der Großstadt. Und dann ruft sein Schwiegervater aus Hameln an und erzählt von einer Stellenanzei ge in der Zeitung, Küster gesucht. Das Nachdenken hat Joachim schnell hinter sich. Vorgestellt, eingestellt, dabei geblieben. Das war vor 36 Jahren.
„Von Kultur bis Kaufen hat Hameln alles, was ich brauche“, sagt er und hebt besonders das Theater hervor. Es gibt wenig, was Joachim an Hameln nicht gefällt. Vielleicht die Größe, die Stadt könnte etwas kleiner sein, dann wäre alles top, sagt er. Landkind eben. Er bedau ert, dass in der Innenstadt immer weniger interessante Geschäfte existieren. Als einer der wenigen hat er die ganze Stadt im Blick, wenn er will. Als Einziger darf er nämlich der Kirche aufs Dach steigen. Wir dürfen ihm ausnahms weise folgen. Also die vielen Holz treppen rauf, endlos viele Stufen,
der Griff ums Geländer wird fester, wenn es eines gibt. Wir googlen schon mal den nächsten Hör geräteAkustiker, für den Fall, dass die Glocken gleich loslegen. Was für ein erhabenes Gefühl zwischen Dach und Decke dieses altehrwür digen Ortes des Glaubens, an dem so viel geschehen ist. Speichern wir als FürImmerMoment. Und wieder runter, was leichter fällt. Allzu optimistische Gewichtsver lagerung nach vorn wäre jetzt nicht gut. Dieser Ort, dieser Job, dieser Typ – das passt.
Die letzte Frage behalten wir für uns: Warum sieht Joachim immer so froh und freundlich aus? Wenn die Antwort so nahe liegt, sind alle Fragezeichen überflüssig.